Pars supraclavicularis: interscalenär - supraclaviculär
In dieser Folge von Radiomegahertz sprechen Tim Mäcken und Rainer Litz über die anatomischen Grundlagen, technischen Herausforderungen und klinischen Besonderheiten der interskalenären Blockade des Plexus brachialis. Schwerpunkt ist die Anwendung bei Schulteroperationen. Diskutiert werden die Effektivität, typische Nebenwirkungen wie die Phrenikusparese, technische Varianten der Kanülenplatzierung (z. B. Truncus-superior-Blockade) sowie sonografische Orientierung an den Halswirbeln (C5–C7).
Besonderes Augenmerk gilt der sicheren Kanülenführung und der gezielten Verwendung niedriger Volumina zur Risikominimierung. Auch die Indikation und Risiken von Kathetertechniken werden thematisiert. Ergänzende Abbildungen und weiterführende Infos findest du hier im begleitenden Blogbeitrag.
Inhaltsverzeichnis
Regionalanästhesie - Podcast: Opertionen an der Schulter
Thema Plexus brachialis - ein mehrteiliger Podcast
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Didaktisch sinnvoll: Starte mit der Übersichtsfolge zum Plexus brachialis (S2E1) und tauche erst dann tiefer in die einzelnen Regionan ein.
Anatomie Pars supraclavicularis
Der Pars supraclavicularis bezeichnet in der Regionalanästhesie die supraclaviculäre bis interskalenäre Region. Dieser Blogbeitrag/Podcast hat den Schwerpunkt interskalenäre Blockaden.
Kurze Wiederholung Plexusbildung: Der Plexus brachialis wird gebildet von den Rami ventrales der Spinalnerven C5-C8, aus denen sich drei Trunci (Tr. superior, medius, inferior) formieren. Die Trunci splitten sich in eine anteriore und eine posterirre Division. Periphere Nerven für die Innervation der sekundären (eingewanderten) Rumpfwandmuskulatur, wie der N. thoracicus longus oder der N. dorsalis scapulae, verlassen die Pars supraclavicularis früh und müssen für die Schulter- und Oberarmchirurgie aber nicht blockiert werden. Die craniale Randzone des Plexus brachialis (C3, C4), mit Anteilen des Plexus cervicalis ist im Gegensatz zur caudalen Grenze mit Nervenanteilen aus Th2 und Th3 von großer Bedeutung.
Insbesondere die Nn. supraclaviculares (C3-C4), aber auch der Nn. accessorius (HN XI) bzw. seine Rami sind zu berücksichtigen, wenn Operationen an Schulter und Oberarm in reiner Regionalanästhesie durchgeführt werden sollen. Die folgende Zeichnung gibt dir einen kurzen Überblick zur Wiederholung. Mehr zu den Nn. supraclaviculares weiter unten im Beitrag.
Im folgenden Sonogramm einer Patientin sind die Rr. ventrales von C5-C8 zu sehen. Die Rr. ventrales von C5 und C6 bilden in dieser Position noch nicht den Truncus superior. Eine solche Aufnahme gelingt nur mit leicht kranialer Anlotung und bei in die Thoraxapertur gekippter Sonde, erkennbar an der Reflexionsgrenze der ersten Rippe. Dieser kranial gelegene Anlotung ist sonographisch an der Position des N. phrenicus erkennbar.
In der Theorie erscheint hier eine Blockade des gesamten Plexus brachialis möglich, doch wäre dann nicht nur eine Parese des N. phrenicus, sondern auch eine Ausbreitung des Lokalanästhetikums nach medial in das Trigonum scalenovertebrale (tiefe Halsdreieck), das nicht zu Unrecht auch als „Danger space“ bezeichnet wird, unausweichlich.
Tiefes Halsdreieck / Trigonum scalenovertebrale
Das tiefe Halsdreieck ist aus regionalanästhesiologischer Sicht wegen der Vielzahl möglicher Nebenwirkungen und Komplikationen von Bedeutung, sollte sich das Lokalanästhetikum dorthin ausbreiten.
Eine Ausbreitung des Lokalanästhetikums nach medial zum M. longus colli erreicht den Truncus sympathicus (Ganglion cervicale medius oder inferius) und führt zum Horner-Syndrom, sowie zu einer möglichen Blockade der sympathischen Innervation des Herzens und des N. Laryngeus recurrens Größere Volumina können sich bis zur Vagina carotica ausbreiten und den Nervus vagus erreichen.
Merke
Die anatomisch räumliche Enge in der Regio colli lateralis und besonders in der Skalenuslücke, sowie die Nähe zum Trigonum scalenovertebrale erklärt die unerwünschten Nebenwirkungen der Lokalanästhesika bei Verwendung hoher Volumina, rascher Injektion oder hohem Injektionsdruck.
Exkurs Muskelbrücke oder M. scalenus minimus
Die posteriore Scalenuslücke beherbergt nicht nur die Rami ventrales, sondern auch Arterien, Binde- und Fettgewebe, sowie Varianten der Skalenusmuskulatur, die die Ausbreitung des Lokalanästhetikums unkontrollierbar machen.
Der M. scalenus minimus (ehemals M. levator pleurae) ist eine Abspaltung von M. scalenus anterior/medius und setzt an der ersten Rippe an. Er trennt die ventral gelegene A. subclavia vom dorsal gelegenen Plexus brachialis. Der M. scalenus minimus erscheint häufig hypoechogen, was aber auch vom Einschallwinkel abhängt.
Die sonographische „Diagnose M. scalenus minimus“ wird also (A) durch den Ansatz und (B) durch die Darstellung des Lig. costopleurovertebrale als echogene Struktur gestellt. Das Ligamentum costopleurovertebrale ist eines der Zuckerkandl-Sebilau-Bänder, die auch als Aufhängebänder der Pleuradecke bezeichnet werden.
Wesentlich häufiger vorhanden als der M. scalenus minimus sind jedoch Muskelbrücken zwischen den Mm. scalenus anterior und medius. Diese sind klinisch bedeutsam, da sie wie auch das Binde- und Fettgewebe die Ausbreitung des Lokalanästhetikums zu den Rami erschweren oder gar verhindern.
Damit machen die anatomischen Gegebenheiten in der posterioren Scalenuslücke konsequenterweise die Ausbreitung des Lokalanästhetikum unkontrollierbar.
In der makroskopischen Abbildung ist eine solche Muskelbrücke gut zu erkennen, vergleiche dazu auch die verschiedenen Sonogramme.
Segementidentifikation anhand der Processus transversi
Sonoanatomie in Höhe des sechsten Halswirbels. Beachte die typische Anordnung der Tubercula. Medial: Tuberculum anterius, lateral: Tuberculum posterius. Zwischen den Tubercula verlaufen die Rr. ventrales im sogenannten Sulcus nervi spinalis.
Aus der Form und Ausprägung der Tubercula kann auf den Verlauf der Rr. ventrales geschlossen werden. Das prominente Tuberculum anterius des sechsten Halswirbels wird auch als Tuberculum caroticum oder Chassaignac’scher Höcker bezeichnet.
Processus transversus C6
Die A. vertebralis verläuft ab dem sechsten Halswirbel kranial durch die Foramina transversaria und ist daher sonographisch nur zwischen den Wirbelkörpern, nicht aber im klassischen „Tuberculumschnitt“ sichtbar.
Das Präparat in der folgenden Abbildung zeigt eindrucksvoll die prominenten Tubercula bzw. das Tuberculum anterius des sechsten Halswirbel und die dorsal dazu gelegene A. vertebralis, die sonografisch durch den Knochenschatten hier nicht darstellbar ist.
Sonographisches Pendant am Lebenden zur vorherigen makroskopischen Darstellung des Processus transversus C6. Liebevoll wird die Kontur des Process transversus auch als das „Auge Sauron’s“, das ganz Mordor überblickt oder im Ruhrgebiet als „Pommesgabel“ bezeichnet.
Abhängig vom der Anlotung am Hals, erscheint das Tuberculum anterius processus transversus C6 mal mehr und mal weniger prominent. Die nächste Abbildung mit symbolisiert mit einem „M“ als Tubercula, einem gelben Mikrofonkabel als Halskontur und einer Mikrofonklammer als A. carotis communis diese Situation. Eine Ähnlichkeit zur Corporate Identity des Restaurants zur Goldenen Möwe ist zufällig entstanden.
Processus transversus C7
Die A. vertebralis ist in Höhe der Processus transversi der siebten und achten Halswirbel nicht knöchern überlagert. Die Tubercula anteriores des siebten und achten Halswirbels sind durch den Eintritt der A. vertebralis in das Formalen transversarium weit weniger prominent und nur rudimentär ausgebildet. Siehe und vergleiche die beiden nächsten Abbildungen.
Sonogramm eines rudimentär angelegten Tuberculum anterius des siebten Halswirbels. Als zusätzliche sonografische Landmarke dient die A. vertebralis medial zum Spinalnerven aus dem 7. Segement.
Processus transversus C5
Analog der Tubercula des Processus transversus C6 besitzt auch der fünfte Querfortsatz je ein Tuberculum anterius et posterius. Die Kontur ist jedoch weniger stark ausgeprägt: es die eine kleinere Pommesgabel, oder wenn du noch ein Merkhilfe möchtest, die Vorband vom Rock-Hard-Zeichen.
Merke
Der R. ventralis von C5 ist immer der Nerv des Plexus brachialis, der der Fascia praevertebralis am nächsten liegt. Aber wenn man die Segmentidentifikation nur über die Fascia praevertebralis durchführt, ohne die Form der Tubercula zu berücksichtigen, kann es unter Umständen zu einer Fehlinterpretation mit dem R. ventralis von C4 (Plexus cervicalis) kommen.
Nn. supraclaviculares
Im anatomischen Präparat sind die Nn. supraclaviculares dargestellt, die sich weiter verzweigen. Wann welcher Nervenanteil die tiefe Halsfaszie durchbricht, ist ganz individuell. Fest steht jedoch, dass die Nerven auf Höhe des Schlüsselbeins bereits epifaszial liegen müssen, um ihre Funktion erfüllen zu können: die Innervation von Teilen des Periosts des Schlüsselbeins, der Haut des Schulterdaches sowie anteilig der proximalen Thoraxwand.
Ein weiteres Präparat eines Körperspendes (G. Feigl, S. Orthaber) zeigt in einem größerem Ausschnitt den Verlauf der Nn. supraclaviculares über die Clavicula hinaus. Zu sehen zu ferner weitere Nerven aus dem Plexus brachialis.
Tief zum M. omohyoideus liegt der Plexus brachialis. Somit wird deutlich, dass die Nn. supraclaviculares und der Plexus brachialis in unterschiedlichen Schichten liegen und eine getrennte Injektion erforderlich ist.
Die Nn. supraclaviculares werden bei schmerztherapeutischen Interventionen hochselektiv aufgesucht und behandelt. In der Regionalanästhesie kann etwas allgemeiner gearbeitet werden (Anm.: dass heisst nicht, dass du nicht hochpräzise blockieren solltest).
Bei Schulteroperationen werden die Nn. supraclaviculares nicht wie in der Schmerztherapie selektiv blockiert, sondern mit einer Blockade des Plexus brachialis kombiniert. Ein mögliches Vorgehen ist z.B. erst den Truncus superior (s.u.) mit 1-3 ml Lokalanästhetikum zu blockieren und dann über den gleichen Hautschnitt die Nn. supraclaviculares zu betäuben.
Dabei wird die Kanüle zurückgezogen und die Injektion erfolgt oberhalb der tiefen Halsfaszie mit leicht lateraler Injektionsrichtung und Lokalanästhetikaausbreitung. Typischerweise sind die für die wache Schulterchirurgie relevanten lateralen Nervenanteile in unmittelbarer Nähe der V. jugularis externa zu finden.
N. phrenicus
Glücklicherweise führen unilaterale N. phrenicus-Paresen unmittelbar postoperativ bei ruhenden Patienten meist zu keiner klinisch relevanten Beeinträchtigung, sofern keine contralaterale Paarest vorbestellt. In Einzelfällen kann aber eine subjektiv quälende und angsteinflössende Luftnot auftreten. Die Bewertung der Komplikation N. phrenicus-Parese durch Ärzt*innen und Patient*innen divergieren stark.
Der Nerv liegt tief zur Fascia praevertebralis medialseitig zum Plexus brachialis, was insbesondere einer der Gründe ist, dass hohe Injektionsvolumina und Injektionsdrücke zwangsläufig zu einer Ausbreitung des Lokalanästhetikums nach medial zum Nerven führen.
Wird der N. phrenicus nach kranial verfolgt, kann der Zusammenschluss mit den Nn. supraclaviculares dargestellt werden, da beide vorrangig aus C4 entspringen Dabei ist der Nerv über eine kurze Strecke in der Skalenuslücke erkennbar, bevor er ventral auf dem M. scalenus medius unter der Fascia praevertebralis in Richtung Mediastinum zieht.
Der N. phrenicus verläuft senkrecht nach kaudal, die Mm. scaleni verlaufen schräg. Gleitest du mit der Sonde von kranial nach kaudal, sieht es daher so aus, als würde er über den M. scalenus anterior nach medial verlaufen.
Schaue dir die Ultraschallaufnahmen im Beitrag an. Der Nerv ist an an unterschiedlichen Positionen markiert. Du erkennst zum einen, dass er in der klassischen interscalenären Position immer erreicht wird, in der „Truncus superior-Position“ aber eher nicht.
Merke
Erhält der N. phrenicus auch Fasern aus C5 (caudale Fixation) „kannste machen nix“ und eine Teilparese ist nicht zu vermeiden.
Arterien am Hals in Bezug auf den pars supraclavicularis des Plexus brachialis
Es verlaufen immer Arterien durch die Pars supraclavicularis des Plexus brachialis nach lateral. Sie entspringen aus dem Truncus thyreocervicalis oder direkt aus der A. subclavia und versorgen die Schulter, Teile des Armes und die proximale Rumpfwandmuskulatur (Anm. natürlich auch die Venen).
Die Variabilität ihrer Ursprünge und Verläufe ist hoch. Ein zeitaufwendiges Arterien- Tracing, um dem Gefäß den richtigen Namen geben zu können, ist aus Sicht des Regionalanästhesisten nicht zielführend. Es ist für die Plexus brachialis-Blockade unbedeutend, ob die A. transversa colli aus der A. subclavia oder dem Truncus thyreocervalis entspringt.
Es ist lediglich wichtig Gefäße als solche zu erkennen um Fehlpunktionen und vor allem arterielle Injektionen zu vermeiden. Ohne zu tief in die Anatomie der arteriellen Gefäßverläufe einsteigen zu wollen, solltest du zumindest die A. transversa colli / A. dorsalis scapulae kennen. Weitere Details für einen kurzen arteriellen „Deep Dive“ wie folgt:
- Die A. vertebralis entspringt als 1. und kräftigster Ast im Brustteil der A. subclavia. Sie verläuft medial des M. scalenus anterior im Trigonum scalenovertebrale tief zum Lig. vertebropleurale zum Foramen transversarium des Proc. transversus des 6. Halswirbels. Von dort steigt mittels ihrer Pars transversalis durch alle Foramina transversaria bis zum Axis auf bevor sie unter Bildung einer Reserveschlinge durch das Foramen transversarium des Atlas und den Sulcus arteriae vertebralis am Arcus posterior atlantis nach Durchsetzung der Membrana atlantooccipitalis posterior in den Schädel eintritt.
- Die A. cervicalis ascendens ist ein Ast des Truncus thyrocervicalis. Sie verläuft anfangs auf dem M. scalenus anterior zumeist medial des N. phrenicus, vor der Fascia praevertebralis entlang der Tubercula anteriora der Processus transversi der Halswirbel zwischen dem M. scalenus anterior und dem M. longus capitis nach kranial. Sie versorgt Teile der Nackenmuskulatur und anastomosiert mit den Aa. vertebrales, pharyngea ascendens und occipitalis. Sie hat Verbindungen in den zervikalen Abschnitt des Spinalkanals.
- Die A. cervicalis profunda ist ein Gefäßast aus dem Truncus costocervicalis der im Scheitelpunkt des Subclaviabogens (Brustabschnitt der A. subclavia) des M. scalenus anterior aus der posterioren Wand der A. subclavia entspringt. Sie zieht zwischen dem Processus transversus des 7. Halswirbels und dem Collum costae der 1. Rippe nach dorsal und überkreuzt dabei den 8. Spinalnerv. Danach ändert sie ihre Verlaufsrichtung nach kranial und verläuft im Nacken zwischen dem M. semispinalis capitis und dem M. semispinalis cervicis bis zum 2. Halswirbel (Axis). In dieser Region anastomosiert sie häufig mit absteigenden Ästen der Aa. occipitalis et vertebralis.
- Die A. transversa colli (cervicis) entspringt aus dem Truncus thyreocervicalis. Die Arterie zieht vor dem M. scalenus anterior und hinter dem M. omohyoideus, kreuzt damit den dorsal liegenden N. phrenicus oberflächlich der Fascia praevertebralis, welche den Plexus brachialis bedeckt und zieht quer durch das seitliche Halsdreieck. Die Arterie teilt sich auf in den Ramus superficialis und profundus.
Der Ramus superficialis versorgt den M. trapezius und der Ramus profundus den M. levator scapulae sowie die Mm. rhomboidei. Der Ramus profundus der Arteria transversa colli kann aber als eigenständige Arterie entspringen. Sobald die der Fall ist, werden die Arterien wie folgt bezeichnet: - Die A. cervicalis superficialis entspricht dem Ramus superficialis und hat den gleichen Ursprung und Verlauf wie die zuvor beschriebene A. transversa colli.
- Die A. dorsalis scapulae entspringt aus der Pars scalenorum in der Skalenuslücke oder zumeist aus der Pars clavicularis lateral der Skalenuslücke aus der A. subclavia. Hier durchsetzt sie auf dem Weg zu den zu versorgenden obig genannten Muskeln die Anteile des Plexus brachialis. Dabei kreuzt sie entweder kranial oder kaudal zum Truncus medius des Plexus nach dorsal.
Blockadetechniken für die Schulterchirugie
Mit Schulterchirurgie sind hier die klassischen Operationen wie Schulterarthroskopie, subacromiale Dekompression, Supraspinatussehnennaht oder offene Rotatorenmanschettennaht gemeint. Dazu gehört auch die Schulterreposition nach Luxation, nicht aber die Schulterprothese, da diese auch den proximalen Humerus mit einbezieht (mehr dazu im folgenden Podcast zur supraclaviculären Region).
Die Rotatorenanschette umfasst vier Muskeln und die Kapsel:
- M. supraspinatus, innerviert durch den N. suprascapularis
- M. infraspinatus, innerviert durch den N. suprascapularis
- M. subscapularis, innerviert durch den N. subscapularis
- M. teres minor, innerviert durch den N. axillaris
- Capsula articularis, innerviert durch N. axillaris (andere Anteile werden diskutiert)
Die Nn. suprascapularis, subscapularis et axillaris kommen aus den Segmenten C5 und C6 hervor. Der operative erforderliche Zugang durch den M. deltoideus ist ebenfalls mit dem N. axillaris abgedeckt. Die Haut des Schulterdaches wird nicht vom Plexus brachialis sonder von den Nn. supraclaviculares aus dem Plexus cervicalis innerviert.
Eine alleinige Truncus superior-Blockade für eine der oben genannten Operation ist somit nur mit zusätzlicher oberflächlicher Allgemeinanästhesie möglich (Kombinationsnarkose mit ihren typischen Vorteilen).
Operationen an wachen Pateint*innen erfordern die zusätzliche Blockade der Nn. supraclaviculares für den Hatschnitt und die- naht. Siehe dazu auch die Aufnahmen der liebevoll präparierten Körperspender*innen an.
Allerdings bleibt ein mögliches Restrisiko, nicht den gesamten Bereich anästhetisch abzudecken: So kann der Ramus trapezius aus dem Plexus cervicalis an der lateralen Schulter beteiligt sein. In wieweit die Nn. pectorales beteiligt sind, wird kontovers diskutiert. In einer weiteren Folge widmen wir uns im Rahmen der segmentalen Innervation des Körper auch dieser Frage.
Out-of-plane-Punktion
Ultraschallbild einer out-of-plane-Punktion des Plexus brachialis (Turnus superior) auf caudal interscalenärer Ebene. Die Kanülenspitze ist lateral der Rr. ventrales aus C5 und C6 zu erkennen. Anteilig wird C7 erreicht, das Injektionsvolumen betrug bei diesem Patienten 2ml.
In diesem Fall konnte der N. phrenicus durch das niedrige Volumen und seine bereits mediale Lage ausgespart werden, da sonografisch zuvor gesichert wurde, dass er keine Anteile aus C5 besitzt.

In-plane oder out-of-plane Punktieren?
Im folgenden Ultraschallbild ist der N. dorsalis scapulae links zu erkennen. Weitere Nerven wie der N. thoracicus longus sind bei Punktion durch den M. scalenus medius gefährdet.
Bei diesem Patienten nutzen beide Nerven einen gemeinsamen Weg durch den M. scalenus medius. Ob selbst bei einer eindeutigen Nervenidentifikation ein längerer transmuskulärer wie bei der in-plane-Technik sinnvoller gegenüber der out-of-plane-Technik mit kurzem Punktionsweg ist, musst du bitte für dich selbst entscheiden.
Truncus superior-Blockade
Warum solltest du eine Truncus superior-Blockade anstelle der selektiven Blockade von C5 und C5 durchführen?
Du kannst eine N. phrenicus-Parese durch deine Injektionstechnik vermeiden, solange der Nerv nicht aus C5 versorgt wird: Dafür stehen zwei Techniken zur Verfügung, die nur in der Kombination effektiv sind:
- Individuell anatomisch injizieren mit möglichst großer Distanz zum N. phrenicus und das
- Volumen signifikant im engen Raum begrenzen.
Das kann durch eine selektive Blockade des Truncus superior und einer Injektionstechnik mit Vermeidung einer medialen Ausbreitung tief zur Fascia praevertebralis erreicht werden. Der Injektionsort ist somit lateral des Truncus superior.
Reduziere dein Volumen am besten auf 2ml Lokalanästhetikum und injiziere langsam unter visueller Kontrolle der Ausbreitung.
Die nächste Abbildung zeigt die Operations- und Regionalanästhesietechniken einer mir gut bekannten Klinik bei Schulter und/oder Oberarmfrakturen. Die klassische interskalenäre Position wurde vollständig verlassen, die Mehrzahl der Operationen werden in Kombinationsnarkose durchgeführt und die Nn. supraclaviculares werden grundsätzlich immer mit blockiert.
Wird in reiner Regionalanästhesie operiert, wird auf die supraclaviculäre Ebene gewechselt – dazu mehr im folgenden Podcast zum Plexus brachialis.
Das besondere an der Auflistung ist, das es Einigungen mit den Operateur*innen gibt und das Vorgehen gemeinsam geklärt ist. Sicherlich sind dir insbesondere um Katheterverfahren Diskussionen im Ohr, wenn du an deine Klinik/Abteilung denkst.
Katheter in der Schulterchirurgie sind aufgrund der Nähe zum Operationsgebiet deutlich problematischer als z. B. ein Femoraliskatheter für eine Knieoperation. Beispiel Schulterarthrolyse: wird direkt postoperativ wegen Schmerzen die Schulter nicht beübt, war die Operation umsonst: Chirurg*in fordert einen Katheter. Weiteres Beispiel, das unter der Rubrik Daring Discourse geführt werden kann: Schulter-TEP und Katheter: Meinung der Operierendenist mal pro und mal kontra. Punkt. Mehr zu den Kathetertechniken im folgenden Absatz.
Kathetertechniken
Kathetertechniken zur kontinuierlichen Applikation von Lokalanästhetika sind bei schmerzhaften Eingriffen oder zur postoperativen Physiotherapie weit verbreitet. Obwohl wir selbst diese Techniken jahrzehntelang regelmäßig angewendet haben, sehen wir sie heute deutlich kritischer und führen bei Bedarf repetitive, gezielte Injektionen zur Physiotherapie durch. Anatomisch gesehen ist die hintere Skalenuslücke kein idealer Ort für eine Katheterplatzierung:
Merke
Anatomisch gesehen ist die hintere Skalenuslücke kein idealer Ort für eine Katheterplatzierung.
Katheteranlagen in der Skalenuslücke sind häufig problematisch, weil
- die Platzierung fast immer transmuskulär erfolgt, was einerseits zu Irritationen kleiner Muskeläste, auch durch Vernarbungen im Stichkanal, führen kann. Zum anderen verändert jede Bewegung der Halsmuskulatur die Position der Katheterspitze im Gewebe. Dies führt zu Dislokationen der Katheterspitze.
- Ein solcher Lagewechsel kann sogar gefährlich werden, wenn die Katheterspitze in Richtung Neuroforamen oder subfaszial in Richtung N. phrenicus disloziert.
- Die kontinuierliche Infusion auch kleiner Lokalanästhetikavolumina ist hinsichtlich Kumulation und gleichmäßiger LA-Verteilung nicht vorhersehbar und beeinflussbar.
In jedem Fall sollte die Katheterplatzierung unter Ultraschallkontrolle erfolgen und die Katheterspitze nicht bedeutend über das Kanülenende hinaus vorgeschoben werden. Wenn der Katheter doch im Sinne einer „Zugentlastung“ vorgeschoben werden soll, dann nur auf kurzer Distanz.
Ein Vorschub ist aus anatomischer Sicht aber nur in Richtung des Plexus brachialis Verlaufes sinnvoll, nie wie bei der in-plane-Punktionstechnik nach medial, also in Richtung Trigonum scalenovertebrale weg von den Rr. ventrales.
Die korrekte Platzierung kann durch direkte Darstellung des Katheters oder durch sonographische Kontrolle der Ausbreitung kleiner Injektionsvolumina (<1 ml) erfolgen.
Eine erneute sonographische Kontrolle der Katheterposition bei nachlassender Wirkung oder Auftreten von Nebenwirkungen ist eine einfache Technik zur Diagnosestellung „Katheterdislokation“ und ist die Rationale für einen sofortigen Wechsel des weiteren Vorgehens (Neuanlage, Wechsel auf single-shot-Verfahren, orale Schmerztherapie).
Zusammenfassung
- Typische Anwendung / OP-Gebiet: Schulterchirurgie (C5/C6).
- Nicht ausreichend bei Operationen am Ellenbogen, Unterarm und Hand (C5-C8).
- Unerwünschte N. phrenicus-Blockade ist anatomisch bedingt nicht immer vermeidbar.
- Nerven zur Rumpfwand, wie die Nn. dorsalis scapulae et thoracicus longus werden erreicht, sind für die Schulterchirurgie aber nicht erforderlich.
- Unerwünschte Ausbreitungsmuster der Lokalanästhetika sind wegen mechanischer Barrieren nahezu unvermeidlich.
- Neuroforamina (Foramina intervertebralia) liegen in unmittelbarer Nähe, anders als bei allen anderen Zugangswegen (Risiko!).
- Erreichen der Nn. supraclaviculares ist möglich, aber nicht vorhersagbar
- N. suprascapularis wird auf Höhe des Truncus superior erreicht.
- Kathetervorschübe über die Kanülenspitze hinaus insbesondere in Richtung der Neuroformina sind gefährlich und darüber hinaus kaum kontrollierbar.
- Die out-of-plane-Technik erscheint anatomisch, sicherheitstechnisch und didaktisch hinsichtlich der Kathetertechniken sinnvoller gegenüber der in-plane-Technik.
- N. intercostobrachialis wird nie erreicht.
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Referenzen und Links
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