Radiomegahertz Podcast Ultraschall in der Anästhesie Tim Mäcken

Wo kann dir Ultraschall bei der ZVK-Anlage in diesen 9 Schritten helfen?

Inhaltverzeichnis

Podcast

Wo nützt dir die Sonographie bei der ZVK-Anlage?

Deine Fertigkeit, dein Wissen, dein Patient*in

First do no harm!

Die ultraschallgestützte ZVK-Anlage ist eine invasive Prozedur und birgt immer das Risiko von mechanischen leichten bis zu potentiell lebensbedrohliche Komplikationen. 

Theoretisch sollten durch die gleichzeitige Darstellung von Kanüle und Gefäß alle möglichen Komplikationen vermieden werden können  – theoretisch. Fallberichte zeigen, dass trotz Sonographie Komplikationen auftreten können. Sicherlich hast du schon erlebt, dass eine ZVK-Anlage nicht immer reibungslos verläuft. 

Wo genau kann die Sonopraphie bei den entsprechenden Schritten einer ZVK-Anlage helfen? Wir beleuchten den Punktionsprozess und stürzen uns haarspalterisch auf die Ausnutzung des sonographischen Potentials. Wir sind uns sicher, dass du mit dieser Betrachtungsweise deine nächste ZVK-Anlage souveräner erklären kannst. 

Nach dem Lesen dieses Beitrags, bist du in der Lage folgende Fragen zu beantworten:

  • Bei welchem Schritt der Prozedur hilft die Sonografie konkret?
  • Wo liegen die mögliche Gefahren, sonografische Schritte auszulassen?
  • Wie sehen die Sondenmanöver für unterschiedliche Punktionsorte aus? 

Schritte 1-9 der ZVK-Anlage

An welcher Stelle hilft dir die Sonografie?

Betrachte die folgende Tabelle. Du stellst fest: in einer Vielzahl der Schritte kann die Sonographie extrem hilfreich sein. Es fängt mit der sonographischen Untersuchung deines ausgewählten Punktionsortes an und endet mit der visuellen Bestätigung der korrekten intravenösen Katheterlage. Sogar die Darstellung des Katheterendes zur Bestimmung der korrekten Position kann sonographisch erfolgen. Auch wenn die endovaskuläre EKG-Ableitung oder die radiologische Lagekontrolle bei den meisten Anwender*innen das Verfahren der Wahl ist. Du findest Ergänzungen zu den einzelnen Schritten weiter unten im Beitrag.

Tabellarische Abfolge ZVK-Anlage und Nutzen der Songrafie

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Ergänzungen zu den Schritten

Ad 1: Wahl und Sonographie des Punktionsortes

Entscheidungen für den primären Punktionsort könnten sein:

  • V. jugularis rechts für einen Dialyse-Katheter.
  • V. jugularis links für einen ZVK, wenn du damit rechnest, noch zusätzlich einen Dialyse-Katheter rechts platzieren zu müssen.
  • V. femoralis oder V. subclavia, weil du Hals und Kopf chirurgisch bedingt nicht erreichen kannst.
  • V. subclavia, weil die Halskrause beim Traumapatienten eine Punktion der Vv. jugulares verhindert.
  • V. brachiocephalica, weil die V. jugularis weiter kranial thrombosiert ist, oder weil vorausgehende Fehlpunktionen weitere Punktionen unnötig erschweren.
  • V. et A. femoralis für die Anlage einer av-ECMO, weil beim kritisch kranken Patienten andere Venen bereits als Zugangswege belegt sind. 
  • V. jugularis rechts bei OPs mit Eröffnung von Venen bei Patienten in sitzender Position für das Absaugen von Luft (parallel transösophageale Echokardiographie).

Die Beispiele verdeutlichen: Die Auswahl des primären Punktionsortes zur Anlage eines ZVK ist immer im klinisch Kontext zu treffen. Gelegentlich muss man auf die zweite Wahl ausweichen.

Steht die Entscheidung des Punktionsortes, hilft die sonographische Voruntersuchung unter hygenischen aber nicht-sterilen Bedingungen, ob die Vene überhaupt zugänglich ist.

Ad 2: Indentifikation der exakten Punktionsstelle, ggf. Lagerung der Patient*in

Nachdem du dich in Schritt 1 für den Punktionsort entschieden hast, gehst du jetzt detaillierter vor. Du entscheidest dich anhand der Sonoanatomie für den konkreten Einstichort und den Punktionsweg. Weil du dafür bereits die Geräteeinstellung und Bildoptimierung durchführen musstest, bist du dann direkt für die Punktion bereit. Sobald du unter sterilen Kautelen arbeitest, muss niemand das Ultraschallsystem für dich bedienen. Beispiel wie folgt: 

V. jugularis

#
Maßnahme
Sonografie nützlich?
Kommentar
1

Bestätigung der gewählten Zugangsstelle

JA

Du kannst sonografisch sicherstellen, dass dein gewählter Punktionsort überhaupt zugänglich ist. Das erfolgt vor der Lagerung, Hautdesinfektion und Abdeckung und spart Zeit, wenn ein alternativer Zugangsort erforderlich gewesen wäre.

2

Identifikation der Einstichstelle

JA

Sonografisch lässt sich mehr erkennen als durch eine äussere Inspektion. Du kannst einen Thrombus ausschliessen, Strukturen darstellen die im Punktionsweg liegen und erlangst schon vor der eigentlichen Punktion Sicherheit. Die Schritte 1 und 2 gehen somit nahtlos ineinander über. 

3

Kanülen- und Venendarstellung während der Punktion

JA

Die Intervention mit kontinuierlicher Darstellung der Kanülenspitze bis zur Gefäßpenetration ist das Hauptargument für ihre Verwendung und zugleich der schwierigere Abschnitt gegenüber der Voruntersuchung. Schallebene und Kanüle müssen koordiniert werden, die intravenös positionierte Kanülenspitze dargestellt werden. 

4

Einführen des Führungsdrahtes (Seldinger-Technik)

NEIN

Die Sonde wird für das Einführen des Führungsdrahtes normalerweise abgelegt. Ausnahme: Punktion mit Kanülenführung (needle guide), die als 3. Hand fungieren kann. Damit ist es möglich das Einführen des Drahtes zu visualisieren.

5

Korrekte Lage des Führungsdrahtes bestätigen

JA

Die Möglichkeit die intravenöse Lage und den  korrekten Verlauf des echogenen Führungsdrahtes vor der Dilatation bestätigen zu können, ist ein relevanter Sicherheitsaspekt. Eine Dilatation über einen extravasal oder intraarteriell liegenden Katheter kann schwerwiegende Komplikationen verursachen. 

6

Probleme mit Führungsdraht lösen?

JA und NEIN

JA: Es gibt die Möglichkeit Ursachen eines Widerstandes beim Vorschieben des Drahtes zu erkennen und unter Sicht den J-Wire zu in die korrekte Richtung zu korrigieren. NEIN: Ist der Draht geknickt, beschädigt hilft die Sonographie nicht weiter. 

7

Dilatation / Hautinzision / Einführen des ZVK

NEIN

Das sind manuelle nicht-sonografische Fertigkeiten.

8

Bestätigung des intravenös einliegenden Dilatators

JA

Trotz intravenös einliegendem Führungsdraht, können bei falscher Dilatation Fehllagen auftreten. Es ist unklar, wie oft der Schritt der sonografischen Dilatatordarstellung angewendet wird. Bei mehrstufigen Dilatationen z. B. um ECMO-Kanülen einzuführen, ist das Risiko von mechanischen Komplikationen nochmals höher. Es erscheint logisch, bereits bei leisem Zweifel einer Fehllage des Dilatators, die Sonographie zu verwenden. 

9

Bestimmung der korrekten Einführtiefe des ZVK

NEIN und JA

Eher NEIN: Die endovaskuläre EKG-Ableitung ist vermutlich neben der radiologischen Kontrolle das Verfahren der Wahl (Thorax a. p.). JA möglich: suprasternale Anlotung z. B. mit Mikrokonvexsonde oder subxiphoidale Darstellung (transthorakale Sonde) oder transösophagealer Echokardiografie. Alle 3 genannten Techniken erfordern einen Wechsel der Sonde und über die Punktion hinausgehende Kenntnise und Fertigkeiten. 

Vena jugularis interna dexter. Querdarstellung (SAX) im kaudalen Abschnitt ihres Verlaufes. Bei einer Tiefeneinstellung von 2cm erscheint die Vene groß. Die Einstellung reicht zum Ausschluss oder Detektion eines Thrombus im oberflächlichen Verlauf der Vene. Allerdings verzichtet man so auf die wertvolle Information über den Zusammenfluss von V. jugularis interna und V. subclavia bis beide Venen die V. brachiocephalica bilden. 

Linearschalkopf für die Punktion der V. jugularis interna mit Beschriftung

Hier ist die Tiefe im Gegensatz zur vorherigen Abbildung auf 4cm gestellt. Auf den ersten Blick erscheint das für die Punktion nicht optimal zu sein. Um die Gefäßanatomie möglichst vollständig erfassen zu können, den ZVK und Führungsdraht möglichst nah auf dem Weg zu rechten Vorhof sehen zu können, ist die Tiefeneinstellung aber korrekt.   

Vena brachiocepahlica Darstellung auch bei Punktion der V. jugularis interna mit Beschriftung

Durch Kippen der Sonde in die obere Thoraxapertur kann die V. brachiocephalica dexter eingesehen werden. Hier mit folgender Einstellung: Frequenz von unter 10MHz, Bildschirmtiefe 4cm, Fokuszone etwa 1/2 der Tiefe. Der Führungsdraht kann so bei einer V. jugularis interna-Punktion in seinem Verlauf zum rechten Herzen dargestellt und ein Umschlagen in die V. subclavia ausgeschlossen werden. 4cm als Standardeinstellung scheint für die Prozedur ein passender zu Wert zu sein, sollte jedoch bei Bedarf angepasst werden. Das Ziel, die V. brachiocephalica möglichst weit einsehen zu können, ist jedoch immer gleich. 

V. brachiocephalica

Die V. brachiocephalica-Punktion erfolgt in-plane wie im Foto angedeutet. Bei diesem Probanden muss die Sonde nur wenig in die obere Thoraxöffnung hineingekippt werden, um die Vene vollständig darstellen zu können. In einigen Fällen ist eine Lagerung wie zur Punktionstracheotomie erforderlich, um die optimale Sichtbarkeit erreichen zu können. Ein kurzer Hals und breiter Unterkiefer können mechanische Barrieren sein, die Sonde weit genug kippen zu können. Die Lagerung erfolgt somit sonografisch, eine dezente Kopfdrehung zur kontralateralen Seite kann Platz für das erforderliche Kippmanöver schaffen. 

V. subclavia

Längsdarstellung der linken V. subclavia für eine in-plane-Punktion. Der Einstich erfolgt analog zur Landmarkentechnik in der Fossa infraclavicularis (Mohrenheimsche Grube). Um einen für Führungsdraht und Dilatator günstigen flachen Einstichwinkel erhalten zu können, muss die Sonde so weit wie möglich nach medial gebracht werden. Bei angelagertem Arm ist die Venendarstellung wegen der Lage im Schallschatten der Clavicula nicht möglich. Der Trick: eine Abduktion im Schultergelenk führt zu einer nach kranial gerichteten Position der lateralen Clavicula, die Vene tritt unter dem Schallschatten hervor, die Sonde kann nach medial geführt werden. Der Einstichwinkel ergibt sich somit durch eine gedachte Linie, wo die Kanülenspitze noch erkennbar wäre (s. Markierung). 

Die V. subclavia kann auch in der Querdarstellung (SAX) in out-of-plane-Technik punktiert werden. Beide Zuganswege, in-plane und out-of-plane, sind in Studien beschrieben worden und die Wahl der Technik scheint auf persönlichen Erfahrungen zu basieren.  Der seit Jahrzehnten verwendete Einstichort, die Fossa infraclaviuclaris, ist bei beiden Techniken gleich. Der Unterschied bei der ultraschallestützen Punktion gegenüber der Landmarkentechnik ist der erforderliche steilere Einstichwinkel, weil die Vene dorsal der medialen Clavicula oder des Sternums nicht dargestellt werden kann. Soll der Winkel flach gehalten und die Vene möglichst langstreckig dargestellt werden, muss der Arm (am besten sonografisch) gelagert werden. 

Ad 3: Punktion und Punktionsweg

Nach Lagerung und sonografischer Bestätigung des Zugangsweges punktierst du nun unter Sicht real-time im B-Mode. Der sichtbare Kanülenvorschub bis zur Gefäßpunktion mit sicherer intravasaler / intravenöser Position ist das wichtigste Argument für die Sonografie. Zugleich ist es im Vergleich zur vorausgehenden sonografischen Untersuchung die schwerste Aufgabe:

  • Schallebene und Kanülebewegungen müssen koordiniert werden
  • sonoanatomisches Wissen der umgebenen Strukturen ist erforderlich
  • Kenntnisse und Erfahrung über die Kanülenechogenität in menschlichem Gewebe werden benötigt
  • Sachkenntnisse in der Ultraschallphysik für die B-Bild-Interpretation und der tatsächlichen Kanülenposition sind von Nöten
  • unter Umständen musst du unter Zeitdruck bei einem instabilen Patienten arbeiten, dein Stresslevel könnte deutlich höher sein als bei einer Punktionsübung. 
 
Die speziellen Besonderheiten zur Punktion kannst du in separaten Beiträgen der 1. Podcast-Staffel, ultraschallgestützte  Gefäßzugänge lesen und hören. 
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