Radiomegahertz Podcast Ultraschall in der Anästhesie Tim Mäcken

Anatomie für die femorale Kanülierung

Im Podcast spreche ich mit Anselm Schlemmer und Stefan Orthaber, zwei österreichischen Kollegen mit Liebe zur topographischen Anatomie, über die variablen Verläufe der Vasa femoralia in der Leistenregion. 

Beide besitzen ein grosses anatomisches Wissen, dass  sie im Podcast und im Blogbeitrag teilen, damit du ein besseres Verständnis dieser Region für die Punktion der großen Leistengefäße erhälst

Inhaltsverzeichnis

Podcast

Video-Podcast

Du kannst den Podcast auch als Video anschauen. Parallel zum gesprochenen Wort siehst du dann die anatomischen Zeichnungen und Ultraschallbilder. Hörst du lieber nur der Sprache und die Abbildungen in Ruhe betrachten, findest du das Begleitmaterial weiter unten im Blogbeitrag

Anatomische Zeichnungen und Ultraschallbilder zum Podcast

Schnitt Höhe Leistenband, Punktionsort weiter distal

Abbildung A1 zeigt ein Os coxae dext. in einer Ansicht von ventrocaudal. Der Schnitt ist auf Höhe des Lig. inguinale (= Leistenband) erfolgt.

Unterhalb des Leistenbandes sieht man lateral die Lacuna musculorum mit dem M. iliopsoas und dem N. femoralis, welcher sich dem Muskel medial anlegt. In grün trennt der Arcus iliopectineus die Laguna musculorum von der Laguna vasorum. Deren wichtigste Inhaltsgebilde sind A. femoralis (magenta) und V. femoralis (hellblau).

Der Abschnitt der Laguna vasorum, welcher sich medial den der A. et V. femoralis befindet, wird auch Lacuna lymphatica genannt, da hier meist ein großer Nl. inguinalis profundus zu finden ist, der nach seinem Erstbeschreiber benannte Rosenmüller Lymphknoten.

Canalis femoralis und Septum femoralis

Abbildung A2 veranschaulicht die Verbindung der Regio femoralis anterior zum Rumpf bzw. dem Becken und dem Retroperitoneum.

Man sieht wie sich ein Gefäßtrichter auftut. Die breite Basis befindet sich im Becken und der „Trichter ist unter dem Leistenband „hindurchgesteckt„, so dass die schmale Seite am Oberschenkel unterhalb der Fascia lata zu liegen kommt.

Der zuvor erwähnte Arcus iliopectineus bildet hier die laterodorsale Begrenzung. Die Begrenzung ist kein einfacher Bindegewebsstrang, sondern vielmehr eine „torquierte Platte„.

Der gelbe Pfeil beschreibt den Verlauf des Canalis femoralis, die eine mechanische Schwachstelle medial der Gefäße ist. Der Canalis femoralis wird durch das dünne bindegewebige Septum femorale unter dem Leistenband verschlossen.

Hält diese dünne Trennschicht (Septum femorale) nicht Stand, kann ein Anulus femoralis entstehen, welcher zur Bruchpforte für Schenkelhernien (= Hernia femoralis) werden kann. 

Ein unkontrollierter Kanülenvorschub medial zur V. femoralis  zielt demnach auf Peritoneum und Darm

Das Ligamentum inguinale kann bei zu weit kranial durchtgeführten Punktionen pentriert werden. Beim Mann verläuft der Samenstrang (Funiculus spermaticus) kranial davon bzw. steigt medial Richtung Skrotum. 

Die V. femoralis ist in der Abbildung U2 komprimiert. Pressmanöver füllen die Vene. Hypovolämie und Sondenandruck können eine Punktion deutlich erschweren

Femoraler Gefäßtrichter, etwas weiter distal des Lig. inguinale

In Abbildung A3 erfolgte der Schnitt etwas weiter distal zum Leistenband. Man kann erkennen, dass sich ein mit Bindegewebe gefüllter Raum zwischen der Fascia lata und der Muskulatur in der Tiefe auftut. Dies ist der Ausläufer des erwähnten Gefäßtrichters. Auf die Betrachtung der Fascia lata hinsichtlich eines oberflächlichen und tiefen Blattes wurde verzichtet. 

Nicht immer ist die Leistenbeuge (Leistenfurche) sicht- und tastbar. Zum Beispiel ist bei kachektischen Patient*innen der Übergang nach kranial in Richtung Ligamentum inguinale leicht zu verpassen

Die sonografische Orientierung an der V. femoralis und A. femoralis kranial des Abganges der A. und V. profunda femoris bietet einen Lösungsansatz zum Auffinden einer geeigneten Punktionsstelle

Sonographische Übersichtsaufnahme auf Höhe der Leistenfurche

U1: Ultraschall-Übersichtaufsaufnahme Höhe Leistenbeuge. eine typische Stelle für die Punktion der femoralen Gefäße. Die Aufnahme ist wegen der Panorama-Funktion des Ultraschallgerätes etwas gestreckt, d. h. M. pectineus und M. iliopsoas sind in Wahrheit kompakter.  

Die V. profunda femoris ist noch nicht eingemündet. Bereits in der Übersichtsaufnahme sind venöse Zuflüsse von ventral zu erkennen (U1 nicht beschriftet, siehe A4 und U3), 

Venen und Lymphgefäße der vorderen Leistengegend

Zeichnug A4 zeigt die Regio femoralis anterior, welche reich an epifaszialen Gefäßen und Lymphbahnen ist Fehlpunktionen und akzidentelle Blutungen können auf anatomischer Basis durch die variablen Verläufe und die Vielzahl der Gefäßabgänge erklärt werden.

Der sogenannte Venenstern beschreibt die Gesamtheit der im Bereich des Hiatus saphenus mündenden epifascialen (=subkutanen) Venen. Prominent ist die V. saphena magna, welche von mediodistal aufteigt und in einem kranioconvexen Bogen zur V. femoralis abtaucht.

Seitlich zu ihr können kaliberstarke Vv. saphenae accessoriae auftreten. Die V. saphena accessoria lat. wird im klinischen Kontext oft als „V. accessoria ventralis“ bezeichnet und ist nicht selten varikös erweitert.

Von kranial kommend findet man medial die V. epigastrica superficialis und lateral die V. circumflexa ilium superficialis. Das venöse Blut aus dem Bereich des äußeren Genitals transportieren die Vv. pudendae externae. Ergänzend werden die Venen von gleichnahmigen Arterien begleitet.

Zusätzlich findet man auch die Nll. Inguinales superficiales, welche ein „T“ im Bereich des Hiatus saphenus bilden. Der Querbalken des „T“ bildet der Tractus horizontalis, der superolaterale und supermediale Anteil wird von den Vasa epigastrica superficiales gebildet.

Der Längsbalken des „T“ ist der Tractus verticalis, dieser richtet sich an der V. saphena magna aus, da parallel zu dieser die größten Lymphbahnen verlaufen. Die Lymphknoten können einseitig oder beidseitig der V. saphena magna angelagert sein. 

Lymphgefäße: Durchmesser variabel

SMI (superb microvascular imaging) und MVI (microvascular imaging) sind die von Herstellern bezeichneten Technologien zur Darstellung selbst geringster Blutfüsse in kleinen Gefäßen

Die Aufnahme U5 zeigt die Vaskularisierung eines unauffälligen Lymphknotens in der Leiste. Die Punktion der V. femoralis sollte um den Lymphknoten zu schonen, etwas weiter distal erfolgen, sofern keine weiteren Lymphknoten im Verlauf der Leistengefäße vorhanden sind. 

Im Podcast erläutert Anselm Schlemmer die typischen Verläufe der Lymphbahnen in der Leiste oberhalb der Faszia lata (vertikales und horizontes System). Stefan Orthaber äußert sich zu den tiefer zur Faszie gelegenen Lymphknoten

Verlauf und Nomenklatur A. femoralis

Die Panoramaaufnahme U4 zeigt den Verlauf der A. iialica externa im Übergang zur A. femoralis. Dies entspricht der korrekten anatomischen Bezeichnung. Klinisch kann es dennoch Sinn machen, denn Abschnit kaudal des Leistenbandes bis zum Abgang der A. produnda femoris als A. femoralis communis zu bezeichnen. Gefäß- oder Viszeralchirurgen bedienen sich z. B. noch weiteren Unterteilungen.

Margo falciformis

In der topografischen Zeichnung A5 wurde zur besseren Übersicht der dreidimensionale Bindegewebspfropf entfernt, welcher die Fossa ovalis ausfüllt. Die Fossa ovalis ist der Raum unterhalb des Hiatus saphenus.

Am lateralen Rand zeigt sich der Margo falciformis, die laterale Begrenzung des Hiatus saphenus. Der Margo falciformis ist wie ein nach medial offenesC“ aufgebaut. Die Enden des „C“ werden als Cornua (Hörner) bezeichnet.

Sein Cornu superius zieht Richtung Leistenband, das Cornu inferius zur Fascie des M. pectineus. Dadurch entsteht weniger ein zweidimensionales „C“ als vielmehr ein spiralförmigesC„, wodurch anatomisch der Eintritt der von distal kommenden Venen und Lymphgefäße erleichtert wird.

Entfernt man das gesamte Bindegewebe gelangt man nach kaudal rasch zur Fascia transversalis, dem subserösen Bindegewebe und dem Peritoneum parietale sowie – besonders für Punktionen relevant und sonographisch gut darstellbar bzw. bei sehr schlanken Personen auch palpierbar – den Vasa epigastrica inferiora.

Der anatomisch „dicht gepackte“ Raum der Fossa ovalis und der Nähe zu den Vasa epigastrica inferiora und zum Peritoneum verdeutlicht, wie hilfreich die Sonographie zur Orientierung und Vermeidung von Punktionskomplikationen sein kann.  

Sonographische Untersuchung der femoralen Gefäßabgänge

Die Ultraschallaufnahme U3 ist knapp distal der Punktionsstelle für die N. femoralis-Blockade erstellt, d. h. distal der sichtbaren Leistenbeuge.

Die A. und V. profunda femoris sind bereits abgegangen bzw. eingemündet. Die medial liegende V. profunda femoris liegt dorsal der A. femoralis. Der Venenstern liegt ventral bzw. epifascial (=subkutan) der V. femoralis.

Die Gefäßidentifikation ist auch ohne Farbdoppler im B-Modus  durch einfaches Sondengleiten und Verfolgen der Gefäße möglich.  

Faszienschichten der medialen anterioren Leistenregion

A6: In der Ansicht von ventral auf einen rechten Oberschenkel sieht man den Fascienmantel des Gefäßtrichters. Die Gefäße wurden entfernt. In der Tiefe sind die angedeutete Durchtrittsstellen für Gefäße und Nerven zu erkennen. 

Referenzen, Links und Kommentare

Radiomegahertz Kontakt Tim Mäcken
www.radiomegahertz.de/kontakt

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