Radiomegahertz Podcast Ultraschall in der Anästhesie Tim Mäcken

A. radialis Punktion: palpieren oder ultraschallgestützt?

A. radialis: Kanülierung durch Palpieren oder Sonographieren

Mechanisch bedingte Komplikationen durch A. radialis Punktionen sind bekannt, seitdem diese für medizinische Zwecke punktiert werden: Blutungen, Ischämien, Bildung von arteriovenösen Fisteln oder Pseudoaneursymata. Verschiedene Hilfsmittel wie z. B. die Doppler-Sonographie wurden bereits vor mehr als 30 Jahren bei schwach tastbarem Puls und hypotensiven Zuständen angewendet, mittlerweise ist klar, dass die B-Mode, real-time-Punktion der Doppler-Sonographie eindeutig überlegen ist. 

Radiomegahertz fokussiert daher ausschließlich auf die visuelle Echtzeitpunktion, die im Podcast besprochen und auf dieser Seite dargestellt wird. 

Inhaltsverzeichnis

Podcast: Arteria radialis Punktion (Episode 10)

Die invasive Blutdruckmessung ist eine sine qua non für das Monitoring von bestimmten Patienten und für repetitive arterielle Blutgasanalysen. Wir sprechen im Podcast über einen Wechsel von der A. radialis-Punktion durch Palpieren zu der ultraschallgestützen Punktion und versprechen uns einen Gewinn für Patient*innen

Zu Gast ist Dr. Martin Rembecki, Anästhesist mit langjähriger Ultraschallerfahrung. Wir sprechen über die ultraschallgestützte A. radialis Punktion, warum Ultraschall viele Vorteile bietet, die sonographische Punktion aber auch erlernt werden muss. Kritisch wird die out-of-plane und in-plane-Technik diskutiert und typische Fallstricke erwähnt.

Neu ist, dass wir planen, die Punktionsmethode durch Palpieren der Arterie vollständig verlassen zu wollen. Obwohl für glauben, dann diesen Skill zu verlieren, möchten wir zukünftig ausschließlich ultraschallgestützt Punktieren. Wir besprechen im Podcast warum.

Ergänzendes Material zum Podcast über die A. radialis Punktion (Bild– und Videomaterial) findest du weiter unter auf dieser Seite

Überlegungen zur Vorbereitung

Sterile Kautelen für die Punktion in der Seldinger-Technik

Im Podcast wird über die Verwendung eines Punktions-Sets für die Regionalanästhesie gesprochen. Die diskutierten Vor- und Nachteile zeigen dir die folgenden drei Abbildungen. 

Kleines oder großes Lochtuch?

Ultraschallgel kann nach intravaskulär transportiert werden

Das kann durch eine akustische Ankopplung mit NaCl oder Desinfektionsmittel vermieden werden. Die Abbildung zeigt die Verwendung der Stiltupfer aus dem Regionalanästhesie-Set. 

Auswahl der Sonde: klein oder groß?

Vergleiche die beiden Bilder: Linkseitig wird die A. radialis mit einer sogenannten „Hockeystick“-Sode, rechtseitig mit einer regulären 40mm breiten Linearsonde abgebildet. Der kleinere Bereich (Breite der Sonde, Footprint) nutzt die volle Bildschirmbreite, das Ziel wird größer abgebildet (zulasten der Übersicht). Kombiniert du einen solchen Sondentyp mit einer hohen Frequenz, hast du aus Sicht von Radiomegahertz die beste Wahl getroffen. 

Voruntersuchung und Punktion

Ein schneller Prescan vor der A. radialis-Punktion durch ein Gleitmanöver reicht aus, um Unregelmäßigkeiten der schallkopffnahen und -fernen Arterienwand zu detektieren. Die lateralen Wandabschnitte lassen sich hingegen bedeutend schwieriger darstellen. Ich würde den Scan auf mindestens 15cm durchführen, dann kann ich sicher sein, dass selbst ein langer Katheter nicht auf einen Widerstand stoßen würde.

Verwende die Markierungen auf Ultraschallsonde

Die mittigen Markierungen auf der Sonde helfen für den ersten Kanüleneinstich. Die Markierung entspricht einem weitern Marker auf dem Bildschirm, der die Mitte anzeigt. Nutze konsequent die Marker. Hast du Sonden ohne die Markierung, überzeuge die Verantwortlichen über einen Austausch (in diesem Fall, ist die Sonde vermutlich auch alt). 

Überlegungen zur in-plane-Punktion der A. radialis in Längsdarstellung (LAX).

Eine Punktion der A. radialis in in-plane-Technik mit Längsdarstellung (LAX) kann durchaus als anspurchsvoll bezeichnet werden. Die Kombination aus kleinem Gefäß, Schichtdickenartefakt, der notwendigen ruhigen Schallkopfhaltung und der erforderlichen exakten mittigen Darstellung der Arterie begründet diese Aussage.

Überlegungen zur out-of-plane-Punktion der A. radialis in Querdarstellung (SAX).

Die out-of-Plane-Punktion der A. radialis kann ebenfalls anspruchsvoll sein, denn die Kanülenspitze muss erkannt werden. Allerdings weißt du immer, von welcher Seite die Kanüle kommt. Sie darf nur nicht über die Schichtdicke hinaus vorgeschoben werden. Der stete visuelle Kanülenvorschub erfordert demnach ein Sondengleiten in der Punktionsrichtung, wobei gleichzeitig die Arterie mittig und die Kanüle korrekt vorgeschoben werden muss. Den Artikel über diese Technik, die die Autoren als Dynamic Needle Tip Positioning bezeichnet haben, findest du unten in der Referenzenliste. Radiomegahertz hält diese Technik für die schneller erlernbare Methode. Allerdings ergänzen sich die Längs- und Querdarstellung hinsichtlich der sonografischen Aussagekraft. Lerne also beide.

Immer, wirklich immer: Abstützen der Sonde

Sonde, Hand und Patient sind ein Komplex. Der Satz kommt dir sicherlich aus einem der ersten Newsletter bekannt vor. Die sondenhaltende Hand stüzt sich an der Punktionsstelle ab. Nur so wirst du ein ruhiges Bild für das kleine Ziel erreichen. 

Kanülenhaltung

Im Gegensatz zur Punktion von peripheren Venen, wird von vielen Kolleg*innen die Kanüle für die A. radialis-Punktion von „unten“ und nicht von „oben“ gehalten (s. Abbildung). 

Überlegungen zum Arterien- und Katheterdurchmesser

Messung des Durchmessers der A. radialis am distalen Handgelenk

Eine einfache Distanzmessung zwischen der schallkopfnahen und schallkopffernen Tunicia intima ist mit deinem Ultraschallsystem schnell durchgeführt.

Der Impedanzunterschied an den Gewebegrenzen bewirkt die erforderliche Reflexion der Ultraschallwellen für die Messung. Die echogene Tunicia intima (Endothel, Bindegewebe) grenzt sich von der hypoechogenen Tunica media (glatte Muskulatur, Kollagen, elastische Fasern) und dem Blut ab.

Das folgende Bild zeigt die Längsdarstellung der A. radialis eines gesunden Patienten. Die Güte des Bildes ergibt sich aus der guten Reflexion an der Tunica intima, sowohl schallkopfnah als auch schallkopffern (!), was der möglichst genauen Mitte des Gefäßes entspricht

Anmerkung: Messungen der Intima-Media-Dicke (IMT) werden angiologisch zur AVK Bestimmung herangezogen, wobei allerdings viele Messpunkte automatisch ausgewertet werden. 

Wie groß ist die Fläche der Arterie und des Katheters?

Die Arterien-Innenfläche (A) entspricht dem Produkt aus dem Radius zum Quadrat mal Pi (3.1415926…). Zur Erinnerung: der Radius ist der halbe Durchmesser. Ist der Außendurchmesser des Katheters bekannt (oder wird gemessen), kann über einen Dreisatz die prozentuale Reduktion der Arterienfläche ausgerechnet werden.

Stelle dir das folgende klinische Szenario vor: erwachsener Patient, A. radialis-Durchmesser von 2.0mm, Standard 20G Katheter. Die nächste Abbildung zeigt die Beispielrechnung.

Auswahl Punktionsort und/oder Kathetergröße

Du siehst anhand der Beispielrechnung eine Verlegung des Lumens um ca. 25%, was als unbedenklich eingestuft wird. In der Literatur wird eine Reduktion von >40-45% der Arterienfläche als kritisch betrachtet, das Risiko einer Ischämie und/oder Thrombenbildung ist erhöht.

Es gibt klinisch ungünstige Konstellationen, bei denen du entweder den Punktionsort wechseln, oder auf einen kleineren Katheter, 22G, ausweichen solltest. Stelle dir zum Beispiel eine Fertigungstoleranz des Katheters von 0.1mm vor. Die Fläche entspricht dann ca. 0.95mm2 gegenüber 0.78mm2 (1.0mm). Bei einem Patienten mit pAVK und kleiner Arterie mit einem Durchmesser 1.5mm errechnet sich eine Verlegung von knapp 54%.

Bedenke bitte auch, dass bisher die Länge des Katheters, unregelmässige Arterienwände durch artherosklerotische Veränderungen, Bewegungen mit mechanischen Einengungen, niedriger Blutdruck, langsamer Blutfluss, Viskosität des Blutes oder der Gerinnungsstatus bei den Berechnungen nicht berücksichtig wurden.

Mögliche Veränderung der Arterie z. b. bei pAVK

Sonogramm einer A. radialis in Längsdarstellung. Deutlich ist eine Kalkspange zu erkennen. Es wird jedoch nicht die Mitte der Arterie getroffen, was an der unscharfen Darstellung der Tunica intima zu erkennen ist. Die Spange scheint die Hälfte der Arterie zu verlegen, erst die zusätzliche Querdarstellung bietet die Möglichkeit, das Ausmaß der Verlegung abzuschätzen.

Korrespondierendes Sonogramm der quergeschnittenen A. radialis zur Längsaufnahme. Es wird deutlich, dass die Kalkspange exzentrisch liegt und das Ausmaß der Lumeneinengung geringer ist, als in der Längsdarstellung vermutet wurde. Die Punktion wurde vorsichtshalber dennoch weiter proximal der Kalkspange durchgeführt.

Der Prescan bei einem anderen Patienten zeigte auf Ankoppeln der Sonde einen ausgeprägten Schallschatten der A. radialis aufgrund der schweren pAVK. Der Durchmesser war darüber hinaus deutlich unter 2mm, hier wurde die A. brachialis (siege unten) zur Punktion gewählt.

Alternative Punktionsorte zur A. radialis

A. brachialis

Kann die A. radialis nicht punktiert werden, zum Beispiel bei zu geringem Durchmesser und/oder schwerer Arteriosklerose, bietet sich die A. brachialis mit größerem Durchmesser als Alternative an. Problematisch ist ein Beugen im Ellenbogengelenk, was den Katheter knicken und eine Messung erschweren kann. Die Vasa brachialia sind in der Landmarkentechnik häufig Gründe für Fehlpunktionen, der N. medianus in unmittelbarer Nähe zur A. brachialis ist punktionsgefährdet

Sonogramm einer ausgeprägten Arteriosklerose in der A. brachialis. Du kannst das indirekt an den Schallschatten erkennen, die sich auf dem einliegenden Katheter abbilden. Immer dort, wo der Kalk besonders stark war, entstanden „sonographische Lücken“ am Katheter.

Risiko der schweren Ischämie bei A. brachialis Verletzung: Beispiel thrombotische Verlegung

Die folgende Abbildung stammt aus einem Fallbericht aus dem Radiomegahertz-Newsletter. Er verdeutlicht die Problematik, dass bei einer Verletzung der A. brachialis sowohl die ulnarseitige als radialseitige arterielle Blutversorgung gefährdet ist. Die A. radialis und ulnaris versorgen beide die Hand, sind über den Arcus palmaris superficialis und profundus verbunden, und können so bei Ausfall einer der Arterien die Blutversorgung kompensieren. 

A. ulnaris

Der Zugang zur Koronarangiographie über die A. ulnaris wird von Kardiologen gelegentlich als alternativer Zugang über A. radialis oder A. femoralis verwendet. Anatomisch bedingt ist aber das Risiko einer Sehenverletzung oder des N. ulnaris gegenüber einen Zugang über die A. radialis höher. Lösung: Ultraschall!

A. dorsalis pedis

Die A. dorsalis pedis kann eine Alternative zur A. radialis sein, sollen oder können die Aa. femorales nicht punktiert werden. Sie eignet sich vermutlich nicht für ein Langzeitmonitoring. Aufgrund der engen Nachbarschaft der Arterie zu den Sehnen der Extensoren der Zehen und Nerven ist die ultraschallgestützte Punktion das Mittel der Wahl, um den sichersten Punktionsweg zu planen. Analog zu schweren Fußverletzungen kann bei anhaltender Blutung aus der A. dorslis pedis, z. B. nach iatrogener Verletzung, ein Kompartment-Syndrom entstehen. Zusammengefaßt ist aus den o. g. Gründen eine invasive Blutdruckmessung über die A. dorsalis pedis nicht die erste Wahl. 

Farbdoppleruntersuchung der A. radialis

Der Blogbeitrag behandelt in erster Linie die Intervention und nicht die Doppler-Sonographie, die ein komplexes Verfahren ist. Prinzipell lohnt es sich aber damit zu beschäftigen, die nächsten Zeilen sollen lediglich ein Ansporn zum lernen sein. 

qualitativ

Grenze die qualitative von der quantitativen Doppler-Untersuchung ab. Ein Farbdopplermapping (FDM oder CFM für colour flow mapping) zeigt lediglich farblich an, ob ein Dopplersignal vorhanden ist. CFM ist somit schnelle und einfache Möglichkeit zu überprüfen, ob überhaupt ein Blutfluss in der A. radialis vorhanden ist.

quantitativ

Möchtest du hingegen wissen, wie hoch die Blutflußgeschwindigkeit, musst du eine quantitative Untersuchung mit einem pulse-wave-Doppler (PW-Doppler) durchführen.  Platziere dazu  den Marker des sample-volumes auf die Arterie, um die ortsgebundene Doppler-Untersuchung durchführen zu können.

Eine Doppleruntersuchung erfolgt am besten in Blutflußrichtung. Das gilt für das qualitative Mapping genauso wie die quantitative Untersuchung. Bei letzterer, bei der es um die genaue Messung der Geschwindigkeit in Meter pro Sekunde geht, das Ausmaß einer Stenose exakt bestimmt werden soll, solltest du aber penibel auf den Einschallwinkel achten, um ein möglichst genauen Wert zu erhalten.

Anatomisch-physikalisches Problem: Die A. radialis liegt langstreckig oberflächlich zu Haut, bei senkrechter Ankopplung kannst du ein gutes B-Bild erzielen aber nicht gleichzeitig eine ideale Doppler-Untersuchung in Richtung des Blutflusses durchführen. 

Ein endovaskuläreres Dopplersignal wäre die genaueste Untersuchung, doch das ist offensichtlich nicht möglich. Klinisch wird demnach immer mit einem Winkelfehler gemessen (s. Lehrbücher Dopplergleichung). Je größer der Winkel, desto ungenauer der Messwert. Die Winkelkorrektur wird automatisch vom Ultraschallgerät bei der PW-Messung durchgeführt. 

Die beiden folgenden Abbildungen zeigen zwei Messung der Blutfußgeschwindigkeit der A. radialis: einmal bei einem Winkel von 67° (0.46m/s) und bei 44° (0.2m/s). 

Radiomegahertz Kontakt Tim Mäcken
www.radiomegahertz.de/kontakt

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